Thomas Weber schreibt im aktuellen Leitartikel von thegap über den kaputten Arbeitsmarkt für Journalismus. Ein kleine Widerrede.
Ich habe die Jobausschreibung selbst gesehen. Eine Seltenheit in dieser Branche, da hat Herr Weber wohl sehr recht. Und er hat auch recht, dass thegap grundsätzlich als „cool“ angesehen wird.
Der Leitartikel kurz zusammengefasst: Über 270 Menschen haben sich beworben, darunter Studienabgänger, aber auch viele „Veteranen und Szenegrößen“. Die Konsequenz für thegap: Eine solche Jobausschreibung wird es in (naher) Zukunft definitiv nicht mehr geben. Und die Erkenntnis: der Arbeitsmarkt fürJournalismus sei kaputt und die „einschlägigen FHs“ bilden viel zu viele Menschen aus – und am Arbeitsmarkt vorbei.
Als ich den Artikel das erste Mal gelesen habe, konnte ich nicht ganz verstehen, worauf Thomas Weber eigentlich hinauswollte. Beim nochmaligen Lesen wurde es zwar etwas klarer, aber so ganz zustimmen kann ich schlussendlich nicht.
Vermutlich stimmt es: der Arbeitsmarkt für Journalismus ist kaputt oder am kaputtwerden. Der klassische Journalismus (ich spreche jetzt von Print und Online) selbst steht auf der Kippe. Und obwohl der Arbeitsmarkt, also „der Journalismus as we know it“, am Ende ist, bilden die FH immer noch aus. Ein Wahnsinn, ein Irrsinn, ein Unsinn, oder?
Nein, natürlich nicht. Schon während der Studienzeit zeigen sich jene, die aktiv sind, die bei Onlineprojekten oder Printmedien mit dabei sind, jene, die nicht nur studieren, sondern auch wirklich schon arbeiten, ob für Geld oder nicht. Das sind die Guten. Und die werden so oder so einen Platz im Journalismus finden. Es ist ja so: Nicht jeder der – sagen wir – 50 Studierenden in Journalismus-FHs hat das Zeug zu einem guten Journalisten – nur, oftmals kann man sich durchs Studium durchkämpfen (und das meist mit besseren Noten als die anderen), ohne wirklich Erfahrungen zu sammeln. Man sollte also nicht automatisch alle FH-Absolventen abschreiben (so verstehe ich den Leitartikel auch nicht). Und die Guten, wie gesagt, gehen schon ihren Weg. Und wenn es nicht der klassische ist, dann eben bei journalistischen Angeboten wie das Paroli Magazin, dossier.at oder eben auch neuwal.com.
Selten hat ein Medium das Image „cool“ zu sein, und noch seltener hat ein „cooles“ Medium ein Problem damit, zu „cool“ zu sein. Dass man aufgrund der Coolness dann auch etwas mehr als 270 Bewerbungen serviert bekommt, ist ja eigentlich gut, für Chefredakteur Weber und sein Team bedeutet das aber, in Zukunft darauf zu verzichten und von nun an auf Vitamin B zu vertrauen. Ob da aber dann auch wirklich die Besten und nicht nur die am besten Vernetzten eine Festanstellung bekommen. Und ein solcher Fokus auf Beziehungen in einem Berufsfeld wird ja grundsätzlich nicht als positiv angesehen.
Aber vielleicht war dieser Leitartikel auch nur ein Versuch, an Coolness zu verlieren. Das haben sie definitiv geschafft. Weil 270 Bewerbungen hätte man wahrscheinlich schon etwas cooler nehmen können.