Zehnter August, zehn Uhr: Es gibt wie gewohnt heute wieder zehn (meiner Meinung nach) interessante Medienlinks. Mit Videos, einem Einblick in die österreichische Verlegergeschichte und den Fehlern im aktuelle Journalismus.
1.Was geschah am 9. August? (Weil am 10. August nix geschah)
Am 9. Juni 1902 verstarb Moritz Szeps. Er war ein in der heutigen Ukraine geborener und in Österreich tätiger Journalist und Verleger. (Außerdem: Mitbegründer des Presseclubs Concordia).
„Von 1855 bis 1867 war Moriz Szeps Chefredakteur der Wiener Morgenpost. Ab 1867 war er Verleger des Neuen Wiener Tagblatts, der führenden liberalen Zeitung Österreichs. Szeps war ein Freund von Kronprinz Rudolf und veröffentlichte dessen politische Texte anonymisiert in seiner Zeitung. Szeps scheute publizistische Auseinandersetzungen nicht und griff seine Gegner im Blatt direkt an.
Nachdem ihn die Geldgeber, die publizistisch vorsichtiger agieren wollten, 1886 aus der Verlagsaktiengesellschaft gedrängt hatten, kaufte er mit Hilfe eines ungarischen Finanziers die Morgenpost und änderte ihren Titel in Wiener Tagblatt (ab 1901: Wiener Morgenzeitung), um seine publizistische Linie fortzusetzen. Das Blatt war allerdings wirtschaftlich nicht erfolgreich und wurde 1905 eingestellt.“ (
2. Alex Jones – Dauerwerbeverschwörungssender
Der von mir heißgeliebte John Oliver hat in Last Week Tonight erneut ein Medienthema behandelt. Diesmal geht es um den InfoWars-Betreiber Alex Jones, der tagtäglich Verschwörungstheorien und (für normale Menschen) eindeutige Fake News mittels TV-/YouTube-/Radio-Show unter die Menschen bringt, Oliver greift ihn aber nicht dahingehend an – denn das wäre leicht. Stattdessen zeigt er auf, wie Jones ein Imperium mit fragwürdigen Produkten aufgebaut hat, das von seinen SeherInnen offenbar massenhaft gekauft werden.
3. Journalisten als Steigbügelhalter der Politikdarsteller
Michael Haller, emeritierter Universitätsprofessor der Uni Leipzig, Journalismusforscher und Verfasser des Standardwerks „Das Interview“, lässt kaum ein gutes Haar am aktuellen Politikjournalismus. Er meint, dass kritisches Nachfragen in Interviews mittlerweile fast verpönt sei, und vielmehr Huldigungsjournalismus passiere.
„Wer nur als Wortgeber der Politiker agiert, ist nach dieser Aufgabenzuschreibung de facto kein Journalist, vielmehr PR-Akteur: ein Steigbügelhalter der Politikselbstdarsteller.“
4. Die Reform der Presseförderung – mal wieder
Eigentlich hätte aus der Presseförderung ja eine Medienförderung werden sollen. Eigentlich – aber dann wurde relativ grundlos (bzw. aus taktischen Gründen) eine Neuwahl vom Zaun gebrochen. Während andere geplante Vorhaben noch rasch umgesetzt wurden, wagte man sich nicht mehr an die Reform der Presseförderung. Eine ExpertInnenrunde im Rahmen des Sommerdiskurses aus Wirtschaft, Recht und Kultur der Uni Wien in Strobl am Wolfgangsee hat nun darüber gesprochen, wie es werden sollte, egal wer ab Oktober/November in der Regierung sitzt. Und man kann sagen: Wenigstens sind sich diese ExpertInnen (4 Männer, 2 Frauen) einig, dass in Zukunft auch Onlineangebote etwas vom Fördertopf abbekommen sollen.
5. Wenn man unabsichtlich zum Journalismus kommt
Hamdan Azhar war Biostatistiker und kam durch einen Vorfall zum Journalismus. Und entdeckte da, wie er seine Leidenschaft für Daten und Journalismus verbinden kann. Ein sehenswerter TEDxNYU-Talk.
„Auf der Jahreskonferenz 2017 des Netzwerk Recherche diskutierten Jochen Wegner, Chefredakteur von ZEIT ONLINE, Stefan Plöchinger, Mitglied der Chefredaktion von SZ.de, und Oliver Michalsky, stellvertretender Chefredakteur von WeltN24, wie sie mit ihren jeweiligen Modellen in Zukunft Leser behalten und gewinnen können“, schreibt Johanna Mack im European Journalism Observatory. Es ist die Frage, ob und wie sich Paid Content durchsetzen wird bzw. muss – und die Chefredakteure sind sich einig, dass die Menschen irgendwann erkennen, dass man auch online für gute Inhalte bezahlen kann.
7. Der Klimawandel, WELT-Blödsinn und wissenschaftliche Auflösung
Die WELT verbreitet Blödsinn (oder Falschmeldungen oder Fake News, wie auch immer man das benennen will) zum Thema Klimawandel. Sie sagen, der Mensch ist nur für 0,0016 % des CO2 verantwortlich. Vollkommener Blödsinn, der aber schon seit Jahren von Klimawandel-Leugnern erzählt wird. Stefan Rahmstorf hat auf Scilogs einen Faktencheck gemacht.
Boas Ruh hat sich für die NZZ angesehen, warum und wie sich JournalistInnen in Großbritannien und Frankreich zusammengeschlossen haben, um gemeinsam gegen Fake News vorzugehen.
„Während sich in Deutschland verschiedene Organisationen für den Umgang mit Desinformationen während des Wahlkampfs rüsten, haben andere Länder Europas bereits gewählt. In Frankreich und Grossbritannien war die Sprache martialisch: Von einem Informationskrieg war im Vorfeld des Urnengangs die Rede. Einige Redaktionen gaben sich nicht mit grossen Worten zufrieden, sondern ergriffen Massnahmen.“
9. Was im Journalismus heutzutage falsch läuft – erklärt von einem PR-Experten
Lassen wir uns Matthew Hiltzik, PR-Strategen, erklären, was falsch läuft. Und ich muss sagen: Meiner Meinung nach hat er in sehr vielem Recht.
10. Meine drei Lieblings-Medientweets des Monats
— Kathrin Thalhammer (@puzzledpeaces) 31. Juli 2017
Im Leben nie hat der Traunkirchener Bürgermeister das in diesem Wortlaut gesagt #schönschreiben pic.twitter.com/6SENqvT82I
— digiom (@digiom) 28. Juli 2017
Bester Titel für #DENAUT heute! ❤️@KURIER_SPORT pic.twitter.com/LFnzsQfcPD
— Julia Schrenk (@juliaschrenk) 3. August 2017
(Aber: Die Dänen haben es stattdessen uns gezeigt. Trotzdem: Platz 3 bei einer EM!)