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Die ominösen „Blogger Relations“

Warum Firmen Blogger mögen, warum Blogger Firmen auch mögen können, und was man dabei trotz allem beachten sollte. Der sehr verspätete Teil 8 meiner #Blog-Serie.

Seit nunmehr fast zehn Jahren besitze ich (mindestens) einen Blog. Und seit sicherlich acht Jahren bekomme ich regelmäßig Anfragen, mir doch damit etwas dazuzuverdienen. Das geht – und das muss ich euch ganz ehrlich sagen – sehr leicht. 2009 habe ich einen literarischen Text geschrieben, in dem das Wort „Feuerwerk“ vorkam … und bekam prompt die Anfrage, ob ich nicht, für 50 Euro oder so, bereit wäre, dieses Wort auf einen Shop für Feuerwerkskörper zu verlinken. Überraschenderweise war ich das schon damals nicht. Für mich ist es schwierig, solche irgendwie dubiosen Anfragen in meinem Reich, also auf meinen drei Blogs, die ich bediene, wirklich vertreten zu können. Das ist aber wohl auch der Grund, warum die Ausgaben (jährlich für Domain + Webspace) für die Blogs immer noch höher sind als alle bisherigen Einnahmen (0 Euro).

Aber – um von der Bloggerseite zu sprechen: Ja, es gibt ein grundsätzliches Interesse. Ich bin da wohl einfach nur ein schlechtes Beispiel. Modeblogger (bzw. hier ist es sinnvoll, ganz eindeutig die weibliche Form zu benutzen: Modebloggerinnen) verdienen – und das habe ich bereits mehrfach gehört – auch in Österreich teilweise über 2.000 Euro im Monat. Wie sie das machen? Ich habe mir solche Blogs angesehen und fasse es kurz zusammen: Sie haben sozusagen ihre Seele vermietet. Für 2.000 Euro pro Monat vielleicht sogar ein gutes Geschäft.

Dass die Firmen ein Interesse daran haben, Blogger mit Testprodukten usw. zu versorgen, ist auch logisch: So mancher Blogger erreicht mit seiner Leserschaft eventuell die Zielgruppe eines Produktes viel besser als es z.B. Zeitungen oder Zeitschriften schaffen. Und, da bin ich mir auch sicher: Viele Blog-Autoren freuen sich auch darüber, wenn sie bemerken, dass Firmen auf sie aufmerksam geworden sind. Wenn ihre Blogs also sozusagen als einflussreich erkannt werden.

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Gute Beispiele

Auf Neon|Wilderness veröffentliche ich wöchentlich eine Buchrezension. Und immer häufiger frage ich um ein Rezensionsexemplar an – direkt bei den Verlagen. Das halte ich für vollkommen legitim (Zeitungen und Zeitschriften erhalten solche kostenlosen Exemplar ebenso) – für mich steht aber auch fest, dass ich es im Beitrag transparent mache, dass es sich um ein Gratisexemplar handelte.

Ein Verlag, der Aufbau Verlag, hat hingegen mich angeschrieben: Die zuständige Person hat mir erklärt, dass sie glaubt, dass das Buch „Auerhaus“ von Bov Bjerg mir wahrscheinlich gefallen würde, weil mir „Letztendlich sind wir dem Universum egal“ ja, laut meiner Buchkritik, gefallen habe. Ich habe mich gefreut, das Buch erhalten und rezensiert. Und dieser Vorfall zeigt ganz gut, was funktioniert:

  1. Eine Person (und kein Verteiler) spricht den Blogger an
  2. Sie schreibt sehr sympathisch
  3. Die Person bezieht sich auf bereits veröffentlichte Beiträge
  4. Sie erklärt, warum mir das Produkt gefallen könne
  5. Es wird aber nicht gleich mitgeschickt, sondern nur das Angebot gemacht

Ich bin mit dieser Person immer noch im Kontakt, hab erst letztens zwei neue Rezensionsexemplare erhalten und freue mich immer noch, dass man diesmal mich angeschrieben hat und nicht umgekehrt.

Warum das bei mir so gut funktioniert hat? Weil die fünf Punkte in den „10 wichtige Punkte zu Blogger Relations“ der Agentur Liechtenecker. Ihre Liste zeigt es recht gut: Liebe Firmen, nehmt die Bloggerinnen und Blogger ernst. Wenn ihr eine neue Sorten Pfirsiche testen lassen wollt, schreibt nicht jeden x-beliebigen Food-Blog an – sucht vielleicht einen, der sich besonders auf Früchte spezialisiert hat, oder irgendwann einmal ein Rezept für Pfirsichragout veröffentlicht hat. Sprecht mit uns wie mit normalen Menschen, erwartet keine Lobeshymnen und seid nett zu uns. Dann sind wir das auch.

(Auch t3n.de hat einige Tipps für Firmen zusammengestellt. Ebenso der PR-Blogger.de.)

Frühstück statt Buch

Größere Firmen beschränken sich nicht mehr darauf, nur Produkte für Tests an Blogger zu schicken, nein. Sie laden zu Veranstaltungen (Food-Blogger kochen gemeinsam, gesponsert bei einer Produktmarke, Auto-Blogger dürfen auf einem Formel 1-Ring eine Runde mit einem teuren, schnellen Auto fahren …). Ich persönlich wurde erst letztens zum „Blogger-Frühstück“ zur Frankfurter Buchmesse eingeladen – ein nettes Angebot, dass ich leider nur zeitlich ablehnen musste.

Es muss kein unglaublich großer Aufwand sein, aber viele Bloggerinnen und Blogger freuen sich über eine solche Einladung. Hier laden die Firmen aber vor allem jene ein, mit denen sie schon einmal zusammengearbeitet haben. So ist es auch, wie beim Customer Relationship Management auch beim Blogger Relationship Management wichtig, dran zu bleiben. Versuchen, den Blogger bei Laune zu halten, ihn einerseits nicht mit ständigen Anfragen zu nerven, aber ich nicht völlig zu vergessen.

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Die Sache mit dem Geld

Jürgen Liechtenecker schreibt als 9. Punkt, dass Blogger nicht alles gratis machen. Ich persönlich kam noch nie an einen Punkt, wo ich mir dachte: Sowas mache ich nur gegen Geld. Einerseits, weil ich – vielleicht dumm von mir, aber naja – dem Leser und der Leserin mehr verbunden fühle als meinem Kontostand. Und andererseits, weil ein bezahlter Beitrag stets den Eindruck erwecken könnte, dass man mich damit „erkauft“ hat. Das ist dann nämlich das Problem: Testet man ein Ding, es ist wirklich, wirklich gut und man bekommt dafür bezahlt und macht dies auch transparent, dann sucht man natürlich sofort nach irgendetwas Negativem, um nur ja nicht in einen „Der/die lässt sich ja kaufen! Ich les den/die nie mehr wieder!“-Shitstorm zu geraten.

Wobei, ja, eine Sache gab es: Meine Brüsselreise ins EU-Parlament. Auf Einladung einer politischen Partei, mit 70 Euro Selbstbehalt (von neuwal bezahlt), der Rest wurde einerseits von der Partei und andererseits aus dem Gästebudget einer Abgeordneten bezahlt. Und ja, obwohl alles transparent dargelegt wurde, kam es zu einem Shitstorm. Was vor allem deshalb nervig war, weil andere, klassische Medien (jene, mit Verlagshäusern und Umsatz usw.) regelmäßig solche Reisen machen – und dies in keinster Weise transparent machen.

Kurz gesagt:

Liebe Firmen, traut euch. Aber benutzt keine PR-Verteiler, sondern schreibt uns direkt an. Interessiert euch für uns, nehmt euch Zeit für uns. Bietet uns was, aber glaubt nicht, dass ihr damit unsere Liebe erkaufen könnt. (Außer -bei Modebloggerinnen – eventuell einen Teil der Seele.) Viele Bloggerinnen und Blogger freuen sich über eine solche Aufmerksamkeit! Und lieber BlogautorInnen: Wenn ihr solche Angebote nutzt, steht auch dazu, macht sie transparent, damit die Leser euch weiterhin vertrauen.

Und in der morgen erscheinenden nächsten und letzten Ausgabe der #blogs-Serie erkläre ich noch einmal, warum Blogs super sind.

Bildquelle: Herzkuvert – NamensnennungKeine kommerzielle Nutzung Bestimmte Rechte vorbehalten von valordictus, Titelbild – Namensnennung Bestimmte Rechte vorbehalten von Christopher A. Dominic

Von Dominik Leitner

Vierunddreißig Jahre, aufgewachsen in Oberösterreich; lebt, arbeitet und verliebt sich regelmäßig unglücklich in Wien – Literarische Texte gibt es hier: Neon|Wilderness

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