Website-Icon Dominik Leitner

Das schrumpfende Kärnten

Laut einer aktuellen Prognose der Statistik Austria wird Österreich bis 2075 um 12,97 % mehr Einwohner haben als noch 2013. Blickt man dabei genauer auf die Prognosen der einzelnen Bundesländer erkennt man: Kärnten trägt dazu keinen Teil bei – im Gegenteil. Warum das so ist, versuche ich anhand von Vergleichen mehrerer Faktoren zu untersuchen.

Zur Info: Dieser Beitrag war mein Abschlussprojekt des Fachs „Data Journalism“. Ziel war es, Tools zu nutzen, um eine Geschichte mit aufbereiteten Mauern zu untermalen. 

Ja, es stimmt (was Abbildung 1 zeigt): Während sechs Bundesländer in den kommenden 60 Jahren um mindestens zehn Prozent wachsen werden und zwei weitere zwar nicht derart rasant, aber eben doch größer werden, wird Kärnten bis 2075 um 9,63 % weniger Menschen auf den insgesamt knapp neuneinhalb Tausend Quadratkilometern beherbergen.

Abbildung 1: Die prognostizierte Bevölkerungsentwicklung der einzelnen Bundesländer von 2013 bis 2075 – Quelle: Statistik Austria

Der Blick in die Bezirke

Interessant dabei ist auch die Bevölkerungsentwicklung in den zehn Bezirken Kärntens: einzig Klagenfurt, Klagenfurt-Land sowie Villach sind in der Zeit von 2002 bis 2012 gewachsen, die fünf schrumpfenden Bezirke verloren durchschnittlich 4 % der Bevölkerung.

Abbildung 2: Bevölkerungsentwicklung in den zehn Bezirken Kärntens von 2002 bis 2012 – Quelle: Statistik Austria / IHS

Die Prognose der Bevölkerungsentwicklung in den einzelnen Kärntner Bezirken zeigt, dass sich bis 2030 mehr und mehr Menschen rund um Klagenfurt und Villach ansiedeln werden, während in den „Außenbezirken“ die Einwohnerzahl noch stärker sinken wird. So sieht Abbildung 3 zwar grüner aus – doch das erreichte Wachstum von über einem Prozent in Feldkirchen und Villach-Land macht die verstärkte Abwanderung aus den rot eingefärbten Bezirken nicht wett.

Abbildung 3: Prognostizierte Bevölkerungsentwicklung in den zehn Bezirken Kärntens von 2010 bis 2030 – Quelle: ÖROK

Überdurchschnittliche Arbeitslosigkeit

Wie die vom AMS veröffentlichten Zahlen für 2013 zeigen, sind alle Bezirke bis auf Hermagor von überdurchschnittlicher Arbeitslosigkeit betroffen. So waren damals 10,2 % aller Kärnterinnen und Kärntner von Arbeitslosigkeit betroffen (siehe Abbildung 4). Dies kann somit als einer der möglichen Gründe für die hohen Abwanderungszahlen Kärntens angeführt werden. Spittal an der Drau ist 2014 der Arbeitsmarktbezirk mit der höchsten Arbeitslosenrate in ganz Österreich. (Arbeitsmarktbezirke sind nicht automatisch gleichzusetzen mit den politischen Bezirken: In Kärnten wurde bei Villach und Klagenfurt das Umland dazugerechnet – Villach Land und Klagenfurt Land)

Abbildung 4: Arbeitslosenrate in den einzelnen Bezirken Kärntens 2013 – inkl. Vergleich Kärnten- und Österreichdurchschnitt – Quelle: AMS

Wirtschaftliche Faktoren

Die Zahl der Insolvenzen ist im Vergleich von 2013 auf 2014 gesunken. Werden 2013 noch 7,24 % aller österreichischen Insolvenzen in Kärnten angemeldet, so waren es 2014 schließlich 6,76 %. Dass Kärnten dabei einen relativ kleinen Teil aller österreichischer Insolvenzen einnimmt ist selbsterklärend, lässt sich leicht mit der Anzahl der Unternehmen erklären. Schaut man sich aber die Insolvenzen pro 1.000 Unternehmen österreichweit an, findet man Kärnten auf dem zweiten Platz im Negativranking, hinter Wien und über dem Durchschnitt von ganz Österreich, wie Abbildung 5 zeigt.

Abbildung 5: Insolvenzen pro 1.000 Unternehmen im Bundesländervergleich 2014 – Quelle: Creditforum

Where have all the Kärntners gone?

Die Binnenwanderung, also die Wanderung innerhalb Österreichs (von einem Bundesland ins andere), zeigt das große Dilemma: Es zieht sehr viele Kärntnerinnen und Kärntner in Richtung Wien, aber sehr weniger Wiener nach Kärnten. Dabei gehen selbst die kleinen positiven Binnenwanderungssaldos, die die Zuwanderung aus Oberösterreich, Niederösterreich und Salzburg erzeugen, unter: es zog die Bewohner Kärntens hauptsächlich in die Bundeshauptstadt.

Abbildung 6: Binnenwanderungen von Kärnten in andere Bundesländer und aus anderen Bundesländern nach Kärnten – Quelle: Statistik Austria

Schwierige Spurensuche

Es ist natürlich nicht möglich, rein mithilfe von Statistiken und Zahlen die Gründe zu nennen, warum Kärnten schrumpft. Die überdurchschnittliche hohe Arbeitslosigkeit und die überdurchschnittlich hohe Anzahl an Insolvenzen zeigen, dass es dem Land wirtschaftlich nicht gerade gut geht. Eine der Gründe für den Wegzug vieler junger Menschen ist offenbar aber auch das magere Angebot an tertiären Bildungseinrichtungen. Während in Wien übermäßig viele Menschen studieren, hat die Universität Klagenfurt in zumindest drei Studienrichtungen mehr Plätze als Studierende, wie Die Presse berichtete. So schreiben auch Experten des Kärntner Instituts für Höhere Studien (IHS), dass der Hochschulstandort in Kärnten zu wenig attraktiv ist.

Ein Grund seien, so lautet die Studie des IHS, die fehlenden Investitionen aus öffentlicher Hand. Wegen der angespannten Budgetlage sei es nicht möglich gewesen, durch Investitionen die Konjunktur zu besänftigen.

Die Auswirkungen der Abwanderung

Wie eine Studie über die Demografie Kärntens und die damit einhergehende Frage nach einer funktionierenden Daseinsvorsorge zeigt, wird die Abwanderung junger Menschen, ob nun Studierende oder Fachkräfte, für Kärnten weitreichende Folgen haben.

Schon jetzt ist der demographische Wandel (weniger junge, mehr ältere Menschen) in Österreich zu beobachten. In Kärnten ist die Alterung der Bevölkerung (gemeinsam mit dem Burgenland) am meisten fortgeschritten: 19,5 % der Personen sind über 64 Jahre alt.

Abbildung 7: Die Entwicklung der Altersstruktur von 2013-2075 in Kärnten – Quelle: Statistik Austria

Abbildung 8: Die Altersstruktur im Vergleich Kärnten, Wien und Österreich – Quelle: Statistik Austria

Verstärkt wird dieser demografische Wandel natürlich in den ländlichen Gebieten durch die Abwanderung ins Stadtumland. Für die Gemeinden ist es dadurch oft schwierig, Einrichtungen wie Kindergärten und Schulen weiterhin betreiben zu können. Müssten sie sie schließlich zusperren, so wäre das nur ein weiterer Grund, warum man sich an einem solchen Ort nicht ansiedeln sollte.

Und während fehlender Zuzug sinkende Einnahmen für die Gemeinden bedeutet, kämpfen diese zudem mit einer stark steigenden Ausgabenentwicklung im Bereich Gesundheit und Soziale Wohlfahrt (für die Generation 65+), wobei die Gemeinden trotz hohem Investitionsbedarf nicht ausreichend Geld von der öffentlichen Hand bekommen.

Wie man dieser Misere entgegensteuern kann? Das ist wohl die große Frage, der sich die Landesregierungen der kommenden Jahrzehnten beschäftigen wird. Ein Weg ist z.B. die Schaffung neuer Arbeitsplätze, eine Gründungs- sowie eine Wohnbauoffensive. Doch in Zeit knapper Landeskassen wird das wohl noch eine Zeit auf sich warten lassen.

Die Projekte meiner StudienkollegInnen sollten in den kommenden Tagen online gehen.

Bildquelle:  Bestimmte Rechte vorbehalten von ChrisK4u

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