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„Und, was machst du so?“

Darüber zu schreiben ist einfach, darüber zu sprechen hingegen nicht. Dabei geht es ja eh nur um meine Gegenwart und meine Zukunft.

Es war ein lockeres Gespräch, in dem plötzlich angesprochen wurde, dass ich ja einen Blog hätte. Freunde von Freunden zeigten sich interessiert und mir fiel in diesem Moment nichts schwerer als darüber zu sprechen. Über das, was ich mache, womit ich mir meine Brötchen verdiene oder verdienen möchte und wie man das eben so nennt.

Jetzt, vor meinem Computer, ist all das kein Problem: Ich studiere ab Herbst „Journalismus und Neue Medien“ an der FH Wien, ich bin Journalist bei neuwal.com (und publizier(t)e in anderen Online- und Printmedien) und Autor, wofür ich eben meinen Blog benutze. Das wäre es, nicht mehr (wobei man eben neuwal.com noch näher erklären könnte oder Volle Distanz. Näher zu dir) und nicht weniger. Und doch komme ich mir komisch dabei vor.

Vielleicht, weil außer der Berufsbezeichnung „Student“ nichts wirklich nachweisbar ist. Wenn jemand eine Lehre zum KFZ-Mechaniker abgeschlossen hat, ist er KFZ-Mechaniker, wenn jemand eine Ausbildung zum Marketing-Fuzzi hinter sich hat, darf er sich offiziell Marketing-Fuzzi nennen. Aber Journalist und Autor, das sind beides Begrifflichkeiten, die man sich z.T. selber überstülpen kann. Und auch will. Weil eben die Arbeit, die ich für neuwal.com mache nicht mehr dieses nette Nebenbei-Bloggen ist, sondern ich unzählige Stunden in Recherche stecke, um einen umfassenden, informativen Beitrag zu schmieden. Also: JA! Verdammt! Ich bin ein Journalist. Nicht bei einem Printmedium angestellt, nicht als freier Journalist rotierend zwischen unzähligen Medien. Sondern eben bei neuwal.com, dem einen Onlinemagazin, an dem ich mein Herz verloren habe, dass mir so unglaublich viel Spaß macht, in welchem ich meine Leidenschaft ausleben kann.

Ich habe bisher zwei Bücher geschrieben. the places you have come to fear the most und natürlich Volle Distanz. Näher zu dir. War das erste Buch (2007) noch vollgepackt mit dem Weltschmerz, welcher die späte Pubertät damals eben so mit sich brachte, soll es das Zweite (2013) nun eben werden: Mein offizielles Erstlingswerk. Und seit fast zehn Jahren veröffentliche ich meine Texte hier in diesem Internet, bekomme Lob, man erzählt mir, wie berührend oder aufwühlend meine Texte seien. JA! Verdammt! Ich bin ein Autor. Vielleicht stellt man noch „bis jetzt noch unveröffentlichter“ vor die Bezeichnung, aber ja, ich bin ein Autor. Nicht umsonst findet man die Inhalte von meinem Literaturblog auch im Deutschen Literaturarchiv Marbach, wo ich jetzt sozusagen zwischen Kafka und Mann zu finden bin.

Unsichtbare Arbeit

Zurück zum Gespräch, das mir so schwer fiel: Meine Freundin hat mich angestupst und mich aufgefordert, es genauer zu erklären, was ich da eigentlich mache. Was meine Arbeit (ich wollte das Wort gerade eben ernsthaft wieder unter Anführungszeichen setzen!) ist. Wahrscheinlich weil sie es auch lange Zeit nicht wirklich verstanden hat, aber mit der Zeit gesehen hat, was ich so leiste.

Auch meine Mitbewohner hatten lange Zeit ein falsches Bild: Man sieht ständig meinen Input, aber wenn man es nicht direkt ansteuert nicht unbedingt einen Output. Das lässt die Arbeit unsichtbar erscheinen. Dass jene Freunde, die z.B. in sozialen Einrichtungen arbeiten, nach einem Tagdienst geschafft sind, ist verständlich. Dass der Nerd vorm PC nach einem harten Arbeitstag am Ende ist, ist hingegen maximal den bösen Strahlen und der Ermüdung der Augen geschuldet.

Aber jetzt wissen sie es: Ich bin nicht dieser Typ, der auf Facebook und Twitter aus der Realität verschwindet, sich sozusagen durch sein Second Life liked, sondern einer, der zwar immer mal wieder zu ihnen kommt mit den neuesten Fail-Videos oder Katzen-Bildern, aber eben das Internet als sein Instrument nutzt, darin arbeitet, darin etwas leistet. Und seither höre ich auch den Begriff „Nerd“ von ihnen viel lieber (auch wenn wahrscheinlich „Geek“ irgendwie besser passen würde).

Unverstandene Leistung

Das L-Wort habe ich in diesem Text bereits mehrfach benutzt. Anfangs unbewusst, aber jetzt soll es zum großen Thema werden: JA! Verdammt! Ich leiste etwas. Und dieses „JA! Verdammt!“ brülle ich in erster Linie mir selbst ins Gesicht. Weil auch ich es oft nicht wahrhaben will oder kann. Weil – und das ist jetzt nur eine recht schnelle Überlegung – ich mit diesen beiden Sachen meinen Träumen nachgehe. Weil ich das mache, was mir Spaß macht. Weil es sich eben oft nicht nach Arbeit anfühlt, obwohl sie das eindeutig ist.

Und auch ein literarischer Blog ist, so sehr er auch Hobby ist, Teil einer Strategie. Um sozusagen entdeckt zu werden, oder um neben dem einen Manuskript (das ich hoffentlich bald ausschicken werde) noch andere Referenzen zu haben. Genauso wie die unzähligen journalistischen Beiträge, Coverstories, Kommentare, Reportagen, die mir dabei helfen sollten, mir einen Namen zu machen. Ich arbeite seit Jahren, neben dem Studium und dem einen (einzigen) bezahlten Job so viele Stunden für Projekte, Hoffnungen und Ideen, komme da häufig auf meine 40 Stunden pro Woche, nicht selten auch darüber. Wovon 6 1/2 Stunden bezahlt sind. Ich leiste etwas und das weiß ich auch.

Warum es mir trotzdem so schwer fällt? Weil meine Bezeichnungen wie Wünsche daherkommen. Vielleicht auch, weil ich schon mit 13 Jahren eben diese Berufswünsche nannte, und sie jetzt immer noch unverändert (aber professioneller) sind. Weil man Journalist ja noch irgendwie lernen kann (zumindest laut meiner zukünftigen FH, ich denke: man braucht etwas ganz Bestimmtes für Journalismus, das man an keiner Uni oder FH lernen kann), aber es gibt keine Schriftstellerlehre. Weil das für Außenstehende eben oft so lange Wunschdenken ist, bis sie meinen Namen auf dem Cover eines Buches lesen können.

Und vielleicht auch, weil ich mich schon wieder selbst unter Druck setze: Weil das wahrscheinlich die letzten ein, zwei, drei Jahre sind, in denen ich mir all das leisten kann. Irgendwann muss das echte Geld kommen, das Konto voller werden, irgendwann muss die endgültige finanzielle Unabhängigkeit von den Eltern kommen (und im Anschluss ein großes Dankeschön für all die Geduld und Investitionen in meine Träume). Jetzt habe ich sozusagen noch die letzte Chance, meine Träume zu leben, alle Zeit der Welt zu investieren, um sie wahr werden zu lassen, bevor die Träume nur mehr einen geringen Platz bekommen können.

„Ich träume.“

Diese Antwort auf die Titelfrage entspricht zu einhundert Prozent der Wahrheit, aber kann man sie wirklich sagen? Unter „Träumer“ versteht man die realitätsfernen und eventuell eben auch faulen Menschen, die zu feig sind, sich dem Leben zu stellen. Und ja, ich habe eine Scheißangst vor diesem Leben, in welchem meine Träume nur mehr einen geringen Platz einnehmen können. Deswegen setze ich alles daran, deswegen verbringe ich Stunden vor dem Computer, höre die „Novel Inspiration“-Playlist auf Spotify oder sammle Literatur für einen großen Recherche-Artikel auf neuwal.com. Deswegen mache ich das Ganze. Um es noch rechtzeitig zu schaffen, bevor diese Chancen verflogen sind.

Die Worte meine Freundin haben mich zum Nachdenken angeregt. (Das schafft sie oft. Sehr oft.) Dafür bin ich unendlich dankbar und das bringt mich zu einer neuen Aufgabe, die ich mir stelle: Meine Arbeit, meine Leistungen müssen jetzt zuallererst einmal von mir wieder so richtig wertgeschätzt werden (so, wie sie – so habe ich das Gefühl – von meiner Freundin wertgeschätzt werden) – ich darf auch mal wieder stolz sein auf mich. Und dann klappt es wohl auch mit dem Darüber-Reden. (Weil schreiben kann er ja, der Bub.)

Bildquelle: Unsplash / Pixabay

Von Dominik Leitner

Vierunddreißig Jahre, aufgewachsen in Oberösterreich; lebt, arbeitet und verliebt sich regelmäßig unglücklich in Wien – Literarische Texte gibt es hier: Neon|Wilderness

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